32. SONNTAG im Jahreskreis
Evangelium nach Markus (12,41-44)
In einer Gesprächsrunde im Fernsehen sprach ein bekannter Österreicher über die Flüchtlingshilfe. Dabei erinnerte er an Flüchtlingsbewegungen nach dem Ungarnaufstand in den 50-er Jahren: Direkt an der Grenze wurde von den Menschen, die dort wohnten, tausenden Flüchtlingen geholfen. In den 50-er Jahren waren diese Helfer selbst arm, hatten selbst nichts. Aber sie waren bereit, das Wenige, das sie hatten, zu teilen! Und der Mann fügte hinzu: „Das ist gerade das Problem heute: Viele sind nicht bereit aus ihrem Überfluss zu teilen!“ Ist das nicht das Thema der heutigen biblischen Lesungen?
Wenn Jesus etwas ganz Bestimmtes deutlich machen will, verwendet er starke Kontraste, um zu zeigen, worauf es ankommt, was wirklich zählt. Er gibt überspitzte Beispiele, die wachrütteln sollen.
Auf der einen Seite sind da die Schriftgelehrten. Sie sind sehr fromm, gottesfürchtig, mildtätig. Aber Jesus wirft ihnen vor: das ist nur äußerer Schein und Berechnung. Sie wollen wegen ihres äußeren Verhaltens nur gelobt zu werden, gut dastehen, bewundert werden. Ihr äußeres Image ist ihnen wichtig. Unwillkürlich denkt man da an heutige reiche Promis, die im Blitzlichtgewitter (und mit Hintergedanken) Schecks für einen guten Zweck überreichen. Im Fernsehen überreichen große Firmen einen großgedruckten Scheck – für einen guten Zweck. Die Summe ist zwar, im Vergleich zu ihrem Besitz, bescheiden, aber sie stehen gut da und machen so Werbung für sich selbst. Sie geben nur von ihrem Überfluss.
In den beiden heutigen Lesungen stoßen wir auf zwei Witwen, Frauen, die in der damaligen Gesellschaft kaum Überlebens-chancen hatten. Sie werden hier als Kontrastfiguren verwendet. Selbst in der Hungersnot teilt die Witwe, von der die alttestamentliche Lesung erzählt, den letzten Rest ihres Vorrats mit dem Propheten Elija. Und Jesus sieht einer Witwe zu, die ihren letzten Cent opfert. Zwei Frauen, die am Rande, mit dem Existenzminimum leben. Beide geben, beide teilen von dem, was sie noch haben. Da geht es nicht um Ehre und Ansehen.
Jesus sagt weder seinen Jüngern noch uns mit erhobenem Zeigefinger: „Geht und tut dasselbe …“ Wem ist damit geholfen, wenn ich das Letzte, was ich habe, verschenke und mich so selbst zu einem Notfall mache? Jesus geht es hier um die innere Einstellung. Er schaut auf das Herz dieser Frau. Sie macht etwas ohne Berechnung, ohne Hintergedanken, weil es notwendig ist, einfach nur aus Liebe. Eine Liebe, die möglich ist, weil sie mit einem tiefen Gottvertrauen lebt.
Etwas von seinem Überfluss hergeben ist nichts Besonderes. Die innere Größe fängt dort an, wo ich etwas schenke, das mir selbst nützlich oder gar notwendig wäre. Und das betrifft nicht nur meinen Besitz, sondern auch meine Kraft, meine Zeit, meine Fähigkeiten, mein Leben. Je tiefer wir mit Gott und mit Jesus verbunden sind, umso weiter wird unser Herz. Eine lebendige Gottes- und Jesusbeziehung drängt zu Taten, die das Wohl anderer fördern.
Mutter Theresa hat einmal gesagt. „Es kommt nicht darauf an, wie viel wir tun, sondern wie viel Liebe wir in das legen, was wir tun.“ Was du auch tust, tue es mit Liebe ... Das ist die wahre innere Einstellung, mit der wir leben sollen.